Mittwoch, November 28, 2012

Rückkehr



Eines Tages war Ella wieder da. Schrecklich, oder nicht - wie soll  ich es benennen? Ich erkannte sie zunächst gar nicht. Sie hatte eine ganz andere Haarfarbe als damals. Auch ihr Gesicht schien verändert. Ihre Augenfarbe, das wurde mir erst jetzt klar, war unter Tags offenbar eine andere, als nächtens. Nur wegen ihrer Stimme erkannte ich sie sofort wieder, darin war so eine Art zweiter, heller Klang, eine Stimme in der Stimme und etwas, das mein Innerstes zum Schwingen brachte. Gleich dämmerte es mir, dass ich auf jemanden gestoßen war, den ich vielleicht schon seit längster Zeit kannte. Schon länger, als ich mir vorzustellen vermochte.
Als wir wieder aufeinandertrafen bemerkte ich zunächst nichts Besonderes. Es war so wie, nun, ich drücke es mal so aus: Manchmal durchschreitete man gewisse Türen und betritt neue Räume, ohne dass man es gleich bemerkt. Hat nicht Ella das schon damals zu mir gesagt? Vor der Kathedrale. Oder hab ich mir das gedacht, nachdem ich in einer stürmischen Winternacht durch die leeren, kalten Strassen und Betonwüsten der Stadt gelaufen bin? Da war doch - ich erinnere mich - da ist eine Zeitung vom Wind über die Strasse geschubst worden. Und mein Blick fiel auf die Titelseite. Doch die Zeitung gab es schon lange nicht mehr. Wurde eingestellt, weil wer wollte schon lesen? Und das Datum...irgendein Tag vor Jahren. Oder ein Tag in der Zukunft?
Nun. Ella war wieder da. Sie war Vergangenheit. Und jetzt, plötzlich war sie wieder Gegenwart. Dabei war sie nie Vergangenheit. Eher eine Art ständige, zweite Gegenwart. Die immer auch geschieht - sozusagen neben der üblichen Gegenwart.
Sie stand neben mir und plauderte einfach so drauflos. Als hätten wir uns erst vor ein paar Stunden zum letzten Mal gesehen. Es war völlig banal eigentlich. Vor dem Gemüseregal in einem Supermarkt reihten sich perfekt geformte Gurken, Karotten, Zucchini aneinander. Und sie stellte sich neben mich und hielt mir einen Vortrag über Form und Unform von den Produkten von Mutter Erde. Ich war erstaunt, dankbar und ein bisschen verängstigt. Denn ich wusste nicht, wohin dieses neue Abenteuer nun führen würde...

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