Dienstag, Dezember 04, 2012

Danach



Wir saßen in einer verrauchten Bar. Die schwarzen, kurzen Haare von Ella zogen sich in kurzen Strichen über ihre Stirn. Sie hatte ein schmales Gesicht, spitze Nase. Dunkle Augen - deren Farbe sich immer ständig um leichte Nuancen zu verschieben schien. ich wagte es kaum, ihr länger in die Augen zu schauen. Zwischen uns ein Tisch. Rotwein. Das Licht kam direkt von oben. Ihre Wangen, ihre Oberlippen, die Stirn waren teils im Schatten, teils leuchtetet sie ganz hell wegen der Halogenlampen über uns. In der Mitte des Tisches unser beider Hände, die sich immer wieder berührten. Ich hörte mir selbst beim Reden zu und dachte mir ständig, es wäre besser ich würde aufhören zu reden, weil es völliger, inhaltsloser Unsinn war, der nur dazu diente, eine Brücke zu ihr zu schlagen. Am liebsten hätte ich sie sofort geküsst. Und ich denke, sie hätte mich auch gerne jetzt schon geküsst. Aber es war auch genußvoll, sich gegenseitig zappeln zu lassen.
Zwischen unser Gespräch schwappten immer wieder schrille Schallwellen kreischender Bluesgitarren und Klanginferno. 
Wenn sie lachte, lachte sie auf tausend Arten. Es war weich und liebevoll, verspielt und herausfordernd, abwesend und distanziert. Mein Körper fühlte sich an, wie ein Cocktail psychochemischer Flüssigkeiten und Wirbel. Eine fremde Energie bahnte sich ihren Weg, von meinem Bauch ausgehend, ausdehnend, wanderte zu den Füßen und in mein Herz, in die Arme und kribbelte über die Wirbelsäule in den Kopf, wo irgendwann alles zu kreisen begann und sich zu einem einzigen Strom aus Sein verformte.
"Was hat das alles für einen Sinn und was geschieht jetzt als nächstes?" fragte ich sie plötzlich. Nur langsam, zeitverzögert schienen meine Worte in ihrem Bewusstsein anzukommen. Ihr Gesicht blieb ruhig, schien nach innen gekehrt zu sein. Ich wartete auf eine Antwort, dann sagte sie: "Ich muss jetzt los. Aber wir werden bald auf eine Reise gehen. Es gibt einige, wichtige Dinge, die ich dir zeigen muss. Ich hoffe du kommst mit, mein Lieber." Sie schrieb ihre Telefonnummer auf einen Zettel und noch während ich den Zettel las, stand sie auf, gab mir einen Kuss auf die Wange und verlies das Lokal. Ihre Nummer war 0899-1332-8899-6-23. Eingerahmt von einem Herz. Was für eine seltsame Telefonnummer. Mir war nicht bekannt, dass es ein Mobilfunknetz mit so einer Vorwahl gab. Möglicherweise trieb sie einen Spass mit mir. Nun, ich weiß nicht, vielleicht hätte ich mir wünschen sollen, sie trieb nur einen Spass. Es hätte vieles leichter gemacht. Ich überlegte kurz, wo ich ihre Nummer aufbewahren sollte - dann ging ich nach Hause. Es war spät. Spät nach Mitternacht. Daheim wartete jemand auf mich. Oder vielleicht auch nicht.

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